Gal Musette - Plateau
Elfen können singen, oder?
Meine neuste Musikentdeckung aus der Kategorie ‘Wieso kenn ich sie erst jetzt?!’ heißt Gal Musette, wirkt ein wenig wie eine Stil Diva und komponiert modernen Indie Folk, der französischen Flair nach LA bringt. Vielleicht ist es ihr roter Lippenstift, der die Musikerin wie eine Ikone wirken lässt, vermutlich aber die Kombination aus Leidenschaft, Verträumtheit und Talent.
Gal heißt eigentlich Grace und stammt aus San Juan Capistrano, Orange County. Musik liegt bei ihr in der Familie. Seit sie zehn ist, spielt sie Klavier und schreibt ihre eigenen Songs. Ihr Vater und Großvater - ebenfalls Pianisten - brachten ihr alles bei, was sie über die schwarz - weißen Tasten wissen musste. Dem Musikgeschmack ihrer Mutter, einer Französischlehrerin, ausgesetzt, wuchs sie mit den Klängen von Fréhel und Édith Piaf auf und verliebte sich in die französische Musikkultur. So verschmelzen bei Gal Indie Folk Klänge mit französischem Chanson Charme zu einem modernen, cinemastischen Meer. Es lebe der Dreiviertel Takt!
Gals Künstlername entstammt übrigens der bal-Musette, einem französischen instrumentalen Walzer Stil aus dem Jahre 1880, der - nachdem es den Dudelsack abgelöst hat – auf Akkordeon gespielt wurde.
‘‘ I can’t help writing waltzes even when I try not to! ’’
Ihre Karriere begann, als sie inspiriert vom Album ‘69 Lovesongs’ der Band The Magnetic Fields eine Sammlung von siebzig Lovesongs verfasste und so die Aufmerksamkeit eben jener Band bekam und zum Opener ihrer Konzerte wurde. Auch für Macy Gray hat sie schon einmal eröffnet.
Wenn man sich ihre Inspirationskiste anschaut, fallen große Namen wie Joni Mitchell, Björk und Regina Spektor. Nicht zu vergessen ihr Idol Rufus Wainwright. Weil das Leben die Mutigen belohnt, schaffte sie es, ihn auf ihrem Debütalbum ‘Backwards Lullaby’ (unbedingte Hörempfehlung) zu verewigen. Im Song Oliver übernahm er den Part des Olivers. Das Album ist eine Sammlung von Songs, die sie im Laufe von vielen Jahren geschrieben hatte. Produzent Jon O’Brien half bei der Auswahl der richtigen Perlen.
Musettes Musik ist sehr helle, die trotz ihrer Verträumtheit einen französischen Straßenflair erzeugt. Fast als wären wir im Café an der Seine und schauten dem Treiben der Welt zu. Mein Lieblingslied des Albums ist die Single Julia. Hier Video gibt es das unglaublich schöne Musikvideo zur Klangperle.
Mit ihrer neuen Single Plateau setzt Gal nun ihren Siegeszug fort. Entstanden im LA Verkehrswahnsinn, entwickelt sich der Song zu einem vielschichtigen cineastischen Gesamtwerk. Inhaltlich geht es um Langeweile und Monotonie. Klangtechnisch ist diese Perle weit davon entfernt.
Plateau beginnt mit einem Knistern wie in einem dieser alten Filme. Ein sich ewig kreisender Grundton zieht uns in seinen Bann. Immer das gleiche, beklagt Gal in den Lyrics. Der Kreis des Lebens ist berechenbar. Ich folge ihrer sanften und melodischen Stimme, in die ich mich sofort verliebt habe. Elfen können singen, oder? Dichter und vielschichtiger kreist sich diese Perle zu einem unglaublichen Klangmeer hinauf und am liebsten möchte ich ewig mit ihr weitertanzen. Und bei alle der Dichte und Vielschichtigkeit wirkt ihr Gesang wie ein Leuchtfeuer, das über allem schwebt.
Verzaubert von ihrer Musik, ihrem Wesen und ach, eigentlich diesem Gesamtpaket an geballter Kunst, bat ich Gal Musette um ein paar Interview Fragen. Die Original Version findet ihr in der englischen Übersetzung.
Interview
Gibt es eine Botschaft, die du mit deinem neuen Album vermitteln willst?
Es war sehr kathartisch, dieses Album zu machen und es jetzt zu veröffentlichen, da es vor allem den Kampf gegen Angst und Gefühllosigkeit thematisiert. Wie allgemein bekannt ist, hatte die Pandemie nicht nur tragische Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit vieler Menschen, sondern auch auf unsere geistige Gesundheit. Ich persönlich habe in den letzten Jahren die Bodenhaftung verloren, und die Aufnahme dieses Albums hat mir geholfen, mich selbst wiederzufinden, denn sie gab mir die Möglichkeit, unausgesprochene kognitive Verzerrungen und Ängste zu verarbeiten, die ich unter den Teppich gekehrt hatte.
Was bedeutet deine neue Single Plateau für dich persönlich?
"Plateau" ist ein hoffnungsloser Text, der in den mentalen Raum eintaucht, in dem man über die Traurigkeit hinausgewachsen ist und jegliche Inspiration und Gefühle verloren hat.
Wie unterscheidet sich das neue Album vom letzten? Wie hat sich dein Sound bzw. deine Art, Musik zu machen, weiterentwickelt?
Textlich und musikalisch war das erste Album "Backwards Lullaby" viel idealistischer und naiver - es bestand hauptsächlich aus Songs über Liebeskummer. Es war das erste Mal, dass ich mit meinem Produzenten Jon O'Brien zusammenarbeitete, und wir blieben instrumental minimalistisch, was den Songs gut tat. Bei diesem neuen Album sind wir mehr Risiken eingegangen und haben eine dichtere Produktion gewählt, um die oben erwähnten Themen widerzuspiegeln, die sich um den Kampf mit psychischer Gesundheit, Manie und Ambiguität drehen.
Dein Stil ist eine Mischung aus Indie-Folk und französischem Chanson. Was magst du an diesen beiden Genres?
Ich liebe diese Genres, aber ich habe das Gefühl, dass sie eher das sind, was meine Musik ausmacht, als das, was mich inspiriert, wenn das Sinn macht? Ich bin damit aufgewachsen, rund um die Uhr französisches Chanson zu hören, da meine Mutter Französischprofessorin ist, also wurde es im Grunde in meinen Stil hineingeboren... Es scheint, dass ich nicht anders kann, als Walzer zu schreiben, selbst wenn ich versuche, es nicht zu tun!
Warst du schon einmal in Frankreich? Was ist dein Lieblingsort dort?
Ja! Ich habe Nizza geliebt, und meine Zeit dort war eine der magischsten Wochen meines Lebens.
Auf dem letzten Album hast du Songs aus einem ganzen Jahrzehnt zusammengestellt. Was ist mit diesem Album, ist es das gleiche Muster?
Nein, diese Songs sind viel aktueller, alle in den letzten Jahren geschrieben, mit Ausnahme eines Stücks.
Bist du Perfektionist?
Ich würde nicht sagen, dass ich ein Perfektionist bin, aber ich bin sicherlich hart zu mir selbst.
Ich habe über deine Leidenschaft für Rufus Wainwright gelesen, besteht die Möglichkeit, dass er auch auf dem neuen Album zu hören ist?
Ich wünschte es! Aber ich bin wirklich dankbar, dass wir die Chance hatten, in irgendeiner Form zusammenzuarbeiten, ich schwebe immer noch auf Wolke 9!
Wie viel Kunst steckt in deiner Musik? Deine Videos sind ziemlich künstlich inszeniert, und ich liebe den filmischen Blick. Das passt gut zu deiner Musik. Siehst du deine Musik auch als Kunst an?
Ja, danke! Maria Garcia führte Regie bei meinem letzten Musikvideo zu "Je vois le ciel" und auch bei dem Video zu einer früheren Single aus dem letzten Album, "Julia". Sie hat 100% der visuellen/storyline Aspekte dieser Arbeiten konzipiert. Wir haben ein gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in die Kunstfertigkeit des anderen, und ich habe das Gefühl, dass das in unseren Kollaborationen wirklich zum Ausdruck kommt.
Wie wird ein Song geboren? Fängst du mit dem Text oder mit der Melodie an?
Obwohl ich normalerweise mit der Melodie anfange, finde ich, dass sich die Songs am natürlichsten anfühlen, wenn Text und Melodie irgendwie gleichzeitig entstehen. Wenn ich unter der Dusche oder im Auto ein paar Worte singe und die Melodie und der Text sich irgendwie selbst finden und sich gegenseitig begleiten.
Erinnerst du dich an den allerersten Song, den du je geschrieben hast?
Ja, es war ein Lied namens "Fairytale" und es war das frechste Lied, das ich je geschrieben habe.
Wie viele Instrumente spielst du?
Spielen ist eine Sache, gut spielen eine andere... Ich würde sagen, ich kann locker 3-4 Instrumente spielen.
Was ist deine Lieblingsfarbe?
Pink!
Wenn du ein Tier wärst, was wärst du dann?
Wahrscheinlich eine Katze.